Der VGH Mannheim hat einen Bebauungsplan der Stadt Gaggenau für unwirksam erklärt, weil im Plangebiet eine Asylbewerber- und Flüchtlingsunterkunft entstehen soll und die Stadt sich fehlerhaft von der Annahme hat leiten lassen, die in einem Mischgebiet erforderliche Durchmischung lasse sich (allein) hierdurch sicherstellen.

Der Bebauungsplan der Stadt Gaggenau (Antragsgegnerin) "Hinterm Graben, Oben im Feld, Schlotteräxt, Langwiesen - 6. Änderung" vom 16.11.2015 setzt auf einer Fläche von ca. 6.014 m², auf der sich derzeit noch eine Asylbewerber- bzw. Obdachlosenunterkunft befindet, ein Mischgebiet fest. Die Antragsteller wandten sich mit ihrem Normenkontrollantrag gegen den Bebauungsplan. Sie bringen unter anderem vor, ein Mischgebiet könne nicht verwirklicht werden, da im Plangebiet eine Asylbewerber- und Flüchtlingsunterkunft errichtet werden solle und daher das mischgebietstypische Nebeneinander der Nutzungsarten Wohnen und Gewerbe nicht erreicht werden könne. Die von ihrem Gewerbebetrieb ausgehenden Lärmemissionen seien nicht ausreichend berücksichtigt worden.

Der VGH Mannheim hat den Bebauungsplan für unwirksam erklärt.

Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes verstößt die Festsetzung eines Mischgebiets nicht gegen den Grundsatz der städtebaulichen Erforderlichkeit i.S.d. § 1 Abs. 3 BauGB. Der Bebauungsplan setze allgemein ein Mischgebiet fest und lasse eine große Bandbreite der nach § 6 Abs. 2 BauNVO allgemein zulässigen Nutzungsarten zu. Die für ein Mischgebiet zu fordernde Durchmischung zwischen den Hauptnutzungsarten Wohnen und nicht störendem Gewerbe könne im Hinblick auf eine zukünftige Entwicklung erreicht werden.

Allerdings sei der Bebauungsplan unwirksam, weil er auf einem beachtlichen Abwägungsfehler beruhe. Der Vorwurf einer fehlerhaften Ermittlung und Bewertung des Abwägungsmaterials könne der Antragsgegnerin im Hinblick auf die von ihr veranlasste und im Bebauungsplan zum Tragen kommende schalltechnische Untersuchung allerdings nicht gemacht werden. Die Abwägung sei aber deswegen fehlerhaft, weil nach dem Willen der Antragsgegnerin im Plangebiet eine Asylbewerber- und Flüchtlingsunterkunft entstehen solle und die Antragsgegnerin sich fehlerhaft von der Annahme habe leiten lassen, die in einem Mischgebiet erforderliche Durchmischung lasse sich (allein) hierdurch sicherstellen. Damit habe sie die in der Rechtsprechung anerkannte Differenzierung zwischen "heimmäßiger Unterbringung" und einer als "Wohnnutzung" zu qualifizierenden Unterbringungsform nicht nachvollzogen. Dieser Mangel führe zur Gesamtnichtigkeit des Bebauungsplans.

Die Revision wurde nicht zugelassen. Diese Entscheidung kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils durch Beschwerde zum BVerwG angefochten werden.

Quelle: Pressemitteilung des VGH Mannheim Nr. 1/2017 v. 10.01.2017

Januar 2017